© Anton Prock 2016
Beim Flügelaltar handelt es sich um eine Sonderform des
gotischen
Altars . Im frühen Christentum wurde die hl.
Messe an einem einfachen Holz- oder Steintisch
gefeiert. Später zierte man die Vorderseite und die
Tischfläche mit einer kostbaren Decke, dem
Antependium, und stellte
Reliquienschreine darauf.
In der Gotik entstand der Flügelaltar, eine Art
“Armenbibel”. Die Menschen konnten früher weder lesen
und noch schreiben. Bildlich wurden ihnen hier einige
Szenen aus den heiligen Schriften dargeboten.
Der Flügelaltar besteht aus dem Schrein, den Flügeln, der
Predella, dem Gesprenge und und den Schreinwächtern.
Die Darstellungen können geschnitzt oder/und gemalt sein.
Im Schrein befinden sich in der Frühzeit meist drei Heilige.
Später, vor allem ab Michael Pacher aus Südtirol, kann eine
bestimmte Szene aus dem Leben Jesu oder einer heiligen
Person dargestellt sein. Auf der Rückseite des Schreins ist
häufig das Jüngste Gericht gemalt oder es sind Heilige und
das Schweißtuch der Veronika abgebildet.
Auf den Flügeln findet man Darstellungen aus dem Leben
Christi, der Mutter Maria oder verschiedener Heiliger. Es
kann zwei oder vier Flügel geben. Nur an Sonn- und
Feiertagen waren die Flügel geöffnet und der Gläubige
konnte das Schreininnere sehen. Deshalb sind auch die
Außenseiten der Flügel bemalt.
Richtet man den Blick nach oben, entdeckt man viele
Türmchen, Nischen, fein geschnitzte Heiligenfiguren etc.
Hier im Gesprenge ist häufig auch die Kreuzigung Christi zu
finden.
Unterhalb des Schreins befindet sich die Predella, was eigentlich Sarg bedeutet. Es ist eine Vertiefung,
in der ursprünglich
Reliquien, die Reste von Heiligen, aufbewahrt wurden. Heute ist dort häufig die
Szene der Anbetung des Jesuskindes durch die Heiligen Drei Könige zu sehen. Auch hier kann es Flügel
geben.
Manchmal stehen links und rechts des Schreins je ein
Schreinwächter, grundsätzlich der hl. Florian und der
hl. Georg.
Berühmte Flügelaltaltäre in Österreich sind der Pacher-
oder Wolfgangaltar in der Pfarr- und Wallfahrtskirche
von St. Wolfgang, der Kefermarkter Altar sowie der
Hallstätter Altar, alle drei in Oberösterreich.
Berühmte Flügelaltäre in Tirol: Altar von Schloss Tirol
(heute im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum), Altar
von St. Sigmund im Pustertal, Schnatterpeck-Altar in
Lana, Multscher-Altar im Deutschordenshaus in
Sterzing.
In Tirol gab es ca. 2200 gotische Flügelaltäre, von denen die meisten in der Renaissance und im Barock
als nicht mehr zeitgemäß betrachtet und deshalb entfernt wurden. Manche Altäre sind heute in
Museen zu bewundern und nur mehr wenige stehen an ihrer ursprüngliche Stelle. Der bekannteste
Tiroler Bildschnitzer und Maler war Michael Pacher.