© Anton Prock 2016
Beim Totentanz handelt es sich um einen Reigentanz, bei dem
Menschen aus verschiedenen Berufen, verschiedenen
gesellschaftlichen Schichten und verschiedenen Alters mit dem Tod
tanzen. Das kann eine Einzeldarstellung einer Person mit dem Tod
sein, aber auch ein ganzer Zyklus mit einr Bilderfolge von lebenden
Menschen beliebigen Standes: Soldat, Bettler, Mutter, Bischof, König,
Kind etc. Meist unterstreichen erläuternde Texte sowie Sprich- und
Mahnwörter den Aspekt der Vergänglichkeit. Mit allen möglichen
Ausreden versuchen die Menschen
beim Tod einen Aufschub zu
erlangen, doch er ist gnadenlos und
nimmt alle mit, ohne Ausnahme.
Eigentlich ist es ein sinnloser Kampf,
das wissen die Menschen, und doch versuchen sie zu entkommen.
Das Makabere und Irritierende beim Totentanz ist, dass der Tod
tanzt, denn an und für sich ist der Tanz etwas Erfreuliches, ein Spiel
der Bewegung, aber auch ein Ausdruck des Sittenverfalls, der
Gelegenheit zur Sünde.
Entstanden dürfte der Totentanz in Frankreich sein. Die Danse Macabre von 1424 (Friedhof von S.
Innocent in Paris) stellt den bedeutendsten Ausgangspunkt der europäische Totentanztradition dar.
Besonders wichtig ist der Baseler Totentanz, entstanden um 1440 in Basel an der Friedhofsmauer des
Dominikanerklosters in Erinnerung an die Pest 1439.
Von 1347 bis 1353 starben infolge der Pest, Unterernährung
und Missernten etwa ein Drittel der europäischen
Bevölkerung. In dieser Zeit entwickelte sich in Europa, vor
allem im deutschsprachigen Raum, eine Art “Tanzwut”, bei der
weite Kreise der Bevölkerung von einer exzessiven
Vergnügungs- und Genusssucht befallen wurden. Dabei kam es
vor, dass sich Menschen buchstäblich zu Tode getanzt haben.
Dies interpretierte man als “Tanz mit dem Tod”. Man muss
auch Bedenken, dass früher für die Menschen der
Tod
allgegenwärtig war, fast jeden Tag wurde man damit
konfrontiert: Risiko von
Schwangerschaft und
Geburt, hohe
Kindersterblichkeit
Seuchen, Krankheiten, Unfälle, Naturkatastrophen, Kriege etc.
•
Vor dem Tod sind alle Menschen gleich, der Tod holt alle
Menschen, den Armen wie den Reichen. Dadurch wird eine
gewisse Gerechtigkeit verwirklicht.
•
Totentänze sollen zum gottgefälligen Leben aufrufen. Der
Schrecken des Todes wird in Wort und Bild erfasst. Der Tod
kann jederzeit jeden erfassen, man sollte darauf vorbereitet
sein.
Am Jüngsten Tag erfolgt das
Jüngste Gericht. Vor ca. 1200
gab es da nur die Möglichkeit von
Himmel und
Hölle,
erst ab ca. 1200 kommt das
Fegefeuer auf, in dem für
Sünden zeitlich begrenzt gebüßt werden muss. Mit den meist
einfachen Bildern des Totentanzes konnte man der breiten
Bevölkerung diese Aspekte gut darbieten.
In Tirol gibt es folgende Totentanz-Darstellungen: Kufstein (Aufbahrungskapelle im Friedhof), Scheffau
(Friedhofskapelle), Navis (ehem. Burgkapelle Aufenstein), Breitenwang (Totenkapelle), Elbigenalp
(Martinskapelle), Elmen (Friedhofskapelle), Schattwald (Expositurkirche).