© Anton Prock 2016
Unter Kanzel versteht man einen
erhöhten Ort für den Prediger.
Kanzeln kamen erst im 13. Jh. auf.
Vorher wurde vom
Ambo am
Rand des Altarraumes gepredigt,
wie es auch heute wieder seit
dem Zweiten Vatikanischen Konzil
in den 1960er Jahren üblich ist.
Das Wort Kanzel leitet sich von lat.
cancelli = Schranke her und weist
auf ein Podest eines von
Schranken umgebenen Platzes im
Kirchenschiff hin, damit der
Prediger gut gesehen und gehört
werden konnte.
Die erhöhte Kanzel mit einer
Treppe fand im Abendland erst
nach den Kreuzzügen Eingang.
Vielleicht war der Mimbar, der
islamische Predigtstuhl, Vorbild.
Bewegliche Kanzeln wurden ab dem 13. Jh. von den Bettelorden auf
öffentlichen Plätzen verwendet.
Eine Kanzel besteht grundsätzlich aus folgenden Teilen:
•
Kanzelfuß (häufig eine Säule)
•
Kanzelkorb mit Brüstung, Treppe (meist in der Kirchenwand verborgen)
•
Schalldeckel mit der
Taube des
Heiligen Geistes und plastischen Darstellungen
Der Kanzelkorb ist häufig Ort von Darstellungen, die
mit der Predigt zu tun haben. So finden sich dort
oder auf dem Schalldeckel in plastischer oder
gemalter Form häufig die vier
Evangelisten als
Verfasser der vier Evangelien mit ihren Symbolen
(Markus - Löwe, Matthäus - Mensch oder Engel,
Lukas - Stier, Johannes - Adler), die vier
Kirchenväter als
Urheber bedeutender
kirchlicher Schriften
(Ambrosius - mit
Bienenkorb, Augustinus - mit brennendem Herz, Gregor - als Papst mit
Taube des Heiligen Geistes, Hieronymus - mit einem Löwen), die drei
göttlichen Tugenden in Form von Kinderengeln oder Frauen (Glaube - mit
Kreuz, Liebe - mit Herz, Hoffnung - mit Anker), das Gleichnis vom
Sämann, Petri Fischzug, Christus und die Ehebrecherin, der zwölfjährige
Jesus im Tempel, die Bußpredigt Johannes des Täufers u. a. Themen, die
mit der Predigt allgemein in Verbindung stehen. Grundlage
der Predigt sind die vier Evangelien von Markus, Matthäus,
Lukas und Johannes.
Am Kanzelkorb kann auch ein Predigerkruzifix angebracht
sein - ein plastisch nachebildeter Arm mit einem Kreuzifix.
Es handelt sich dabei um ein Zeichen gegenreformatorischer
Missionstätigkeit im 18. Jh. Oft predigten Missionare mit
dem Kreuz in der Hand.
Der Schalldeckel dient zur
Reflexion des Schalls. Auf seiner Unterseite ist meist die
Taube des
Heiligen Geistes abgebildet, die den Prediger zur Verbreitung der rechten
Lehre der Kirche inspirieren soll.
Auf dem Schalldeckel kann es verschiedenste Darstellungen geben: die vier
Erdteile Europa, Afrika, Asien, Amerika (meist in Form von Kinderengeln
oder Frauen), die Gesetzestafeln des Moses (zwei Tafeln mit den
Zehn
Geboten), die den Weg zu Gott anführen sollen,
Engel, ein
posauneblasender Engel (das Wort Gottes soll in alle Welt verkündet
werden, “denn der Glaube kommt aus dem Hören” - Röm 10.17), Gestalt des
Glaubens (als Frau mit
Kreuz oder
Kelch) die schon oben genannten
Evangelisten mit ihren Symbolen und vieles andere.
Kanzeln können sich aber auch an der Außenseite von Kirchen befinden, dann fand die Predigt im
Freien statt. Als Beispiel kann hier der Wiener Stephansdom angeführt werden.