© Anton Prock 2016
Was sind Heilige?
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Im Neuen Testament bezeichnet man alle Christen, die Dank der
Taufe gewissermaßen von der tödlichen Sündenkrankheit
wieder geheilt wurden, als Heilige. Die Sünde galt als Ursache für
körperliche Krankheiten.
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Später war der Begriff nur mehr für Märtyrer, d. h. den
Blutzeugen, den Asketen und Bekennern, die durch ihr mutiges,
öffentliches Auftreten für Christus und seiner Lehre Zeugnis
ablegten, vorbehalten. In ihnen wirkte Christus, ließ sie Marter
aller Art ertragen und durch sie Wunder geschehen.
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Nach dogmatischer Lehre sind Heilige Menschen, deren Seele
durch die Gnade Gottes und ihr eigenes Wollen wieder in den
ursprünglichen heilen Zustand, in das rechte Verhältnis zu Gott
gebracht worden ist, wodurch aber nicht die Möglichkeit der
Sünde aufgehoben wird.
Wie wird jemand Seliger bzw. Heiliger?
Dazu ist eine Untersuchung des Lebens und Wirkens sowie
beglaubigter Wunder des Verstorbenen notwendig. Dieser
Vorgang wird als Kanonisation bezeichnet. Ein Seliger wird nur
lokal verehrt, ein Heiliger wird allgemein verehrt und sein Name
in den liturgischen Kalender
aufgenommen, sein Todestag durch ein
Fest geehrt.
Heilige werden verehrt, nur Gott
allein wird angebetet. Vor allem die
hl. Blutzeugen (Märtyrer), ihr Grab, ihren
Todesort oder ihre Gebeine ehrte man auf verschiedenste
Weise. Damit verbunden sind
Krypten,
Reliquien,
Altäre,
Wallfahrten, Patrone u. a. Seit Beginn des Christentums
werden die Märtyrer verehrt. Während des frühen Mittelalters
waren es zusätzlich auch Klosterstifter, Mönche oder Äbte, später kamen auch Könige und Kaiser dazu.
Mit der Hochgotik treten weniger Amtsträger in Erscheinung, aber
Christen aller Schichten, auch einfache Menschen.
Als
Märtyrer (Blutzeugen) bezeichnet man seit Ende des 2. Jh.
Christen, die durch ihr Leben und ihren gewaltsamen Tod Zeugnis für
Christus bzw. ihren Glauben an Christus ablegten. Am Ort ihres Todes
oder ihrer Beerdigung errichtete man Erinnerungsbauten. Kaiser
Konstantin der Große ließ über den Gräbern bedeutender Märtyrer
umfangreiche Kirchenbauten errichten, so etwa St. Peter im Vatikan und
St. Paul vor den Mauern in Rom.
(Quelle: Hawel Peter: Lexikon zur Kunst & Geschichte abendländischer Kultur, München
2005.)
Warum sind Heilige so wichtig für uns Christen? Heilige als Mittler zu Gott
Der Mensch des Mittelalters - aber auch der Neuzeit - war immer mit Gefahren und Unsicherheit
konfrontiert und lebte ständig in Angst: Krieg, Hungersnöte, Naturkatastrophen, Seuchen,
Knechtschaft, Sklaverei, Tod etc. Deshalb suchte man nicht in erster Linie die Kirche als solche, sondern
ihren Heilsbesitz. Die Menschen ergriffen die von der Kirche angebotenen Formen des religiösen
Lebens und die Möglichkeiten der Frömmigkeitsübung:
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Gebete und Andachtsübungen
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Festtage
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Bemühen der Gläubigen um Schutz und Fürsprache möglichst vieler Heiliger
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Stiftungen von Weihegaben
Früher konnte sich der Mensch vieles nicht natürlich erklären. Die Welt war für den Menschen früher
kein wissenschaftliches Phänomen, sondern eine Tatsache des
Glaubens. In diesem Zusammenhang ist der Begriff
des Wunders
(Heilungen, Rettungen aus Not etc.) zu sehen. Bei
einem Wunder handelt es sich um ein
sinnenfälliges Ereignis, das die Gesetzmäßigkeiten
des natürlichen Geschehens und damit der
Natur durchbricht. Es erregt Staunen oder
Furcht und wird vom religiösen Menschen als
göttliche Machtbezeugung verstanden.
“Was sagt Gott dazu?” - Diese Frage war die tiefste Frage des
Mittelalters. Alle Stände unterwarfen sich dieser Frage, auch wenn
Fluchtversuche immer wieder stattfanden. Aber die Kirche war die
große Auffangstation, die allen entgegenkommt, den Adeligen ebenso
wie den Bettlern und Ausgestoßenen.
Es gibt die “vier letzten Dinge”:
Tod -
Gericht -
Himmel -
Hölle.
Der
Tod war (ist) unausweichlich, das Leben großteils ein
steiniger Weg zum Tod. Die Wissenschaften steckten in den
Kinderschuhen. Aberglaube, Irrglaube und Unsicherheit waren
Teil des häufig qualvollen Lebens von der Geburt bis zum Tod. Oft
blieb den Menschen einzig und allein der Glaube an Gott. Gott
jedoch war unerreichbar, die Heiligen stellten die Verbindung zu
ihm her, allen voran Maria. Die Heiligen sind Mittler zu Gott, sie
bringen ihm unsere Anliegen und Sorgen dar. Dies ist der Grund,
warum im Mittelalter und auch in der Neuzeit die Heiligen- bzw.
Reliquienverehrung und die
Pilger- und Wallfahrten so
bedeutend waren.
Eng verbunden mit den Heiligen sind ihre Legenden. Hier taucht die Frage auf, was wahr ist und was
nicht. Bei vielen Heiligen wissen wir nicht, ob sie wirklich gelebt haben. Besonders verehrt werden die
Reste von Heiligen, die
Reliquien. Die Anschauung war, je mehr Reliquien jemand besaß, desto
mehr Fürbitter bei Gott hatte er. Der Reliquienhandel nahm zeitweise ungeahnte Ausmaße an und war
ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Wer es sich leisten konnte, der sammelte.
Woher kommt der Heiligenschein und was bedeutet er?
Heilige tragen einen Heiligenschein, der auch als
Nimbus (= Wolke) bezeichnet wird. In der
heidnischen Antike war dies ein
Lichtkreis
oder eine goldene Scheibe über den
Götterbildern, dann auch über dem Standbild
des vergöttlichten Kaisers. In der frühchristlichen
Kunst wurde
zunächst nur Christus mit dem Heiligenschein
geschmückt - nur er trägt immer einen
Kreuznimbus (Heiligenschein mit Kreuz). Ab
dem 4./5. Jh. ehrte man auch andere
Personen mit dem normalen Nimbus. Da die
gemalten Scheiben häufig aus Blattgold
bestanden, spricht man von Aureole (lat.
aureus = gold). Noch lebende Menschen
bekamen einen rechteckigen oder
quadratischen Nimbus. Sowohl die Bezeichnung Nimbus als auch das
Gold verweisen auf den göttlich himmlischen Bereich, der Strahlenkranz auf
die
Sonne, das Ursymbol für Unsterblichkeit und Ewigkeit.
Selige - Heilige - Märtyrer
Seligsprechung: Zuerst wird das Leben des Verstorbenen betrachtet, wozu
persönliche Freunde, Bekannte und Familienmitglieder befragt werden. Danach wird
die Verbreitung durch das gläubige Volk durchleuchtet. Es folgt die Weiterleitung
einer ausführlichen Biografie nach Rom. So soll der heilsmäßige Lebenswandel des
Kandidaten nachgewiesen werden. Die kirchlichen Behörden in Rom suchen dann -
bzw. warten auf - ein medizinisches Wunder. Die Krankheit, die durch die Fürbitte
des Kandidaten geheilt worden ist, muss nach dem jeweiligen Stand der Medizin
unheilbar gewesen sein. Die Heilung muss aber auch plötzlich und medizinische
nicht erklärbar sein. Das kann jedoch Jahrzehnte dauern.
Selige haben regionalen Charakter und werden in einzelnen Diözesen verehrt.
Heiligsprechung: Der Vorgang entspricht jenem der Seligsprechung, doch muss eine
breitere gesamtkirchliche Verehrung belegt sein. Auch ist ein zweites Wunder
erforderlich.
Heilige haben Bedeutung für die Gesamtkirche und werden in ein amtliches
Verzeichnis (Kanon) aufgenommen.
Märtyrer: Für sie sind keine Wunder für die Selig- und Heiligsprechung nötig. Es
muss aber bewiesen werden, dass der gewaltsame Tod ein Martyrium in Sinne des
Glaubens gewesen ist.
Zuständig für die Selig- bzw. Heiligsprechung ist der Papst. Papst Johannes Paul II.
hat in seiner Amtszeit 1.338 Menschen Selig und 482 heilig gesprochen.