© Anton Prock 2016
Auf die Romanik folgt die Gotik, die in Österreich von ca. 1250 bis
ca. 1520 zu finden ist. Als Ausgangsland ist Frankreich zu sehen, wo
um 1130 Abt Suger mit dem Bau der Grabeskirche der
französischen Könige in St. Denis bei Paris diesen Stil einführt.
Der Begriff Gotik wurde viele Jahrhunderte als abwertend
betrachtet. Vom 17. bis zum 19. Jh. verstand man darunter etwas
Negatives, Geschmackloses, Hässliches. Das ist auch der Grund,
warum viele gotische Kunstwerke zerstört (etwa der Flügelaltar in
der Pfarrkirche Schwaz) bzw. gotische Bauwerke barockisiert
(Pfarrkirche Rattenberg u. a.) wurden. Das Wort Gotik stammt aus
dem Italienischen: gotico = von den Goten stammend. Die
Kunstgeschichtsschreiber Vasari (1511-1574) und Ghiberti (1378-
1455) hielten die Architektur der Gotik für so barbarisch, dass sie diese nur den Goten zuzuschreiben
vermochten, die im 5. Jh. das klassische Rom zerstörten.
Zwei Geisteshaltungen sind für diese Zeit wichtig - die Mystik und die Scholastik.
•
Bei der Mystik geht es um die Abkehr von der
äußeren Welt, um eine Versenkung in das eigene
Ich. Der Mensch konzentriert sich ganz auf Gott,
will das Leiden Christi durch Gebet, Askese und
Weltentsagung nachvollziehen. Der Glaube wird
vom Gefühl bestimmt.
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Die Scholastik ist praktisch die Gegenbewegung
zur Mystik. Verstand und Vernunft stehen im
Vordergrund. Fragen der Religion sollen mit
Vernunft gelöst werden. Wichtig sind dabei die
neu gegründeten Universitäten, wo es um
Diskussionen und wissenschaftlichen Geist geht.
Grundsätzlich sind drei Elemente für die gotische
Architektur von Bedeutung, die einzeln schon vor der
Gotik auftreten, aber erst zusammen die Gotik bestimmen:
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Spitzbogen
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Strebesystem (Strebepfeiler und Strebebogen)
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Kreuzrippengewöbe
Träger der Gotik sind weiterhin die Kirche und das Rittertum,
doch es kommen die Bürger in den aufstrebenden Städten (etwa
Innsbruck, Rattenberg, Wien, Köln, Nürnberg etc.) dazu.
An Bauaufgaben gibt es Kathedralen (Dome bzw.
Bischofskirchen), Kirchen, Klöster, Kapellen, Paläste, Stadthäuser,
Burgen und Universitäten. Häufig werden schon bestehende
Gebäude aus der Romanik umgebaut bzw. vergrößert.
Künstler werden erstmals mit Namen genannt, sie signieren ihre
Werke. Die Person des Künstlers tritt aus der Anonymität heraus.
Eigentlich waren Künstler Handwerker, die jedoch nun
Selbstbewusstsein erlangen.
Die Architektur der Gotik ist kein Körper- und Massenbau wie in der Romanik mehr. Grundelement ist
der Spitzbogen. Häufig fällt bei Kirchenbauten das Querhaus weg, was eine Verschmelzung der
Raumteile ermöglicht. Angestrebt wird ein Einheitsraum. Grundtypus ist die Basilika.
Zu Beginn der Gotik sind die Wandöffnungen noch klein,
werden aber immer größer, bis die Wände fast ganz von bunten
Glasfenstern durchbrochen sind. Neu ist in der Gotik das
möglichst ungehinderte Eindringen des Lichts, das als Geschenk
Gottes angesehen wird. Die Wände und das Gewölbe (Dach)
werden durch Strebepfeiler und Strebebögen gestützt. Durch
die neuen Gewölbeformen (Kreuzrippengewölbe) können viel
größere Höhen erreicht werden. Wichtig ist der Höhendrang.
Große Kirchen, vor allem Kathedralen, werden von Bauhütten
errichtet. Darunter versteht man die Gesamtheit der
Baumeister, Künstler und Handwerker bei einer Kirche.
Bauhütten geben aber auch Richtlinien für die Ausbildung und
strenge Regeln für den Arbeitsablauf vor.
Besondere Bedeutung erlangen die Klosterbauten der um 1200 gegründeten Bettelorden
(Franziskaner 1209, Dominikaner 1216) in den Städten. Diese Orden kümmern sich um die
Stadtbevölkerung, vor allem in den Bereichen Seelsorge, Predigt, Alters-, Armen- und
Krankenversorgung, Medizin, Heilmittel (Kräuter, Apotheke), Schulwesen.
Wesentlichen Anteil am der raschen
Ausbreitung der Gotik haben die Zisterzienser.
Dieser Reformorden der Benediktiner wurde
1098 von Robert von Molesme in Frankreich
gegründet. Baumönche ziehen in ganz Europa
herum und errichten innerhalb weniger
Jahrzehnte Hunderte von Klöstern. In
Österreich gehören etwa Stams in Tirol,
Zwettl, Heiligenkreuz und Lilienfeld in
Niederösterreich, Viktring in Kärnten und
Wilhering in Oberösterreich dazu.