© Anton Prock 2016
Das Wort Wallfahrt geht auf das mhd. Wort wallevart zurück
und leitetet sich von wallen, bewegen, wogen ab. Wallfahrt
ist seit dem 13. Jh. die übliche Bezeichnung für eine
Pilgerfahrt bzw. für einen Bittgang.
In zahlreichen Kulturen ist der
Besuch heiliger Orte bzw.
Kultstätten üblich. Als Grundidee
einer Wallfahrt ist der Glaube
anzusehen, dass an ganz
bestimmten Orten Gott
besonders nahe sei und man dort auch spezielle Gnade empfangen könne.
Häufig sind Wallfahrtsorte mit Entstehungslegenden verbunden, welche die
Wahl eines bestimmten Ortes oft in Zusammenhang mit übernatürlichen
Ereignissen, die als göttliche Weisung angesehen werden, bringen.
Verschwindet etwa ein Marienbild, das ein Gläubiger an einer bestimmten Stelle aufgestellt hat, auf
wundersame Weise und ist an einer anderen Stelle zu finden, so gilt dies als himmlisches Zeichen.
Tragen Vögel Holzspäne, die beim Kapellenbau durch die Verletzung
eines Arbeiters blutig gefärbt worden sind, an eine andere Stelle, so ist
dies ein Zeichen Gottes, die Kapelle dort zu errichten. Man könnte hier
viele Beispiele aufzählen. Häufig sind Wallfahrtsorte an Stellen zu finden,
wo schon vorchristliche Kultstätten nachgewiesen werden können. Es
handelt sich um Orte mit positiver Ausstrahlung.
Gläubige pilgern zu solchen
„Gnadenorten“ und beten zu den
Heiligen bzw. zu Gott. Wichtig ist, dass
solche Gebete erhört werden und
„Wunder“ geschehen. Solche
übernatürlichen Ereignisse wurden in
sogenannten Mirakelbüchern aufgezeichnet und fanden schnelle
Verbreitung. Die Gläubigen strömten und strömen noch dorthin.
Einer Wallfahrt liegt meist eine Not zugrunde. Dazu gehören Krieg,
Hunger, Missernten, Naturkatastrophen, Krankheiten, Pest und andere
Seuchen, Unfälle etc. Der verzweifelte Mensch sucht eine Zuflucht.
Wichtig für eine Wallfahrt bzw. Pilgerfahrt war auch die geistige und leibliche Betreuung. Wallfahrer
kamen oft von weit her. Eine Wallfahrtskirche musste möglichst groß sein, um die Schar der Gläubigen
zu fassen. Gasthöfe, Klöster, Hospize, Herbergen
mussten für Quartier und Verköstigung Sorge tragen.
Natürlich waren dies alles auch wirtschaftliche Faktoren.
Ein Wallfahrtsort brachte Geld.
Während des Mittelalters führten Wallfahrten
vorwiegend zu Gräbern mit den
Reliquien
berühmter
Heiliger. In der Zeit des Barock wurden
Grab und Reliquie allmählich verdrängt und durch
Orten mit Gnadenbildern ersetzt.
Will man einen Unterschied zwischen Wallfahrt und
Pilgerfahrt sehen, so betreffen Wallfahrten meistens
weniger entfernte Gnadenstätten, die in einigen
Stunden oder Tagen erreichbar sein. Pilgerfahrten
führen meist zu weit entfernten Orten.
Die wichtigsten Pilgerzentren des Mittelalters waren
Santiago de Compostela in Nordspanien mit dem Grab des hl. Jakobus des Älteren, das Heilige Land,
wo Jesus wirkte, und Rom mit den Gräbern der Apostelfürsten Petrus und Paulus.
Gerade in Tirol gibt es zahlreiche kleinere und größere
Wallfahrtsorte. Religiöses Brauchtum und Volksbrauch sind dabei
eng verbunden. In früheren Zeiten war vor allem das bäuerliche
Leben eng mit dem Kirchenjahr verwoben. Das Bemühen um das
tägliche Brot, der Dank für den Erntesegen, die Furcht vor Seuchen
und Krankheiten bei Mensch und Tier spiegeln sich in Bittgängen,
Prozessionen und Wallfahrten.
Besonders beliebt sind Marienwallfahrtsorte. Die Muttergottes (
Maria) ist die wichtigste
Heilige, die Mittlerin
zwischen den Gläubigen und
Gott. In Tirol hat der
überwiegende Teil der
Wallfahrten eine Statue oder
ein Bild der Muttergottes als Kultgegenstand. Es spielt dabei
keine Rolle, ob es sich dabei um ein künstlerisch wertvolles oder
unbedeutendes Andachtsbild handelt. Gott ist für uns nicht
direkt erreichbar, es benötigt eine Mittlerperson, eben die
Heiligen.
Wichtige Marienwallfahrtsorte in Tirol sind Mariastein auf der
Angerberg-Terrasse nördlich von Wörgl, Kaltenbrunn im
Kaunertal, Maria Waldrast oberhalb von Matrei am Brenner,
Maria Brettfall oberhalb von Strass im Zillertal, Höttinger Bild bei Innsbruck, Locherboden nahe Stams,
Serfaus und andere. Der vielleicht wichtigste Wallfahrtsort in Tirol ist St. Georgenberg nahe Schwaz, wo
Maria und Jesus in Gestalt einer Pietà verehrt werden.